2 - Kriterien der Pflegebedürftigkeit – Leistungen der Pflegeversicherung
Informationsblatt Nr. 2
Sind Menschen durch eine oder mehrere körperliche, geistige oder seelische Erkrankungen in ihren Fähigkeiten und ihrer Selbständigkeit eingeschränkt und bedürfen deshalb der Hilfe durch andere, gelten sie als pflegebedürftig. Dauert der Hilfebedarf voraussichtlich länger als sechs Monate an, können sie Unterstützung durch Leistungen der Pflegeversicherung bekommen.
Wie stellt man einen Antrag? Wie bekommt man ein Beratungsgespräch?
Das Antragsformular ist bei der zuständigen Kranken-/Pflegekasse erhältlich. Nachdem der Antrag gestellt wurde, muss die Pflegekasse Informationen zur kostenlosen Beratung vermitteln. Vor der Antragstellung können sich Antragstellende und Zugehörige im Pflegestützpunkt beraten lassen.
Wann bekommt man den Bescheid?
Die Pflegekasse entscheidet in der Regel innerhalb von 25 Arbeitstagen über die Pflegebedürftigkeit.
Wie wird der Pflegegrad festgelegt?
Nach Antragstellung beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD). Die Begutachtenden des MD melden sich zu einem Hausbesuch an, um zu sehen, ob und welche Hilfe benötigt wird. Freunde, Familie oder Pflegeperson sollten bei der Begutachtung möglichst anwesend sein. Es sollten Unterlagen (z.B. Diagnosen, Medikamentenplan, Befunde) bereitgelegt werden, um es den Begutachtenden leichter zu machen, den Unterstützungsbedarf zu erkennen. Bei Folgeanträgen kann nach Aktenlage entschieden werden.
Entscheidend für den Pflegegrad ist, wie stark die Person im Alltag eingeschränkt ist. In sechs Modulen wird der Grad der Selbstständigkeit eingeschätzt und durch ein Punktesystem bewertet, siehe Tabelle Seite 3. Die Module sind:
1. Mobilität
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
4. Fähigkeit zur Selbstversorgung
5. Eigene Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
Beispiel: Die Kriterien im Bereich „Mobilität“ sind Positionswechsel im Bett, Halten einer stabilen Sitzposition, Umsetzen, Fortbewegen innerhalb der Wohnung und Treppensteigen.
Leistung | Pflegegrad 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 |
---|---|---|---|---|---|
Geldleistung ambulant (privat), monatlich | keine Leistung | 347 € | 599 € | 800 € | 990 € |
Sachleistung ambulant (Pflegedienst), monatlich | keine Leistung | 796 € | 1.497 € | 1.859 € | 2.299 € |
Entlastungsbetrag monatlich | 131 € | 131 € | 131 € | 131 € | 131 € |
Wohnraumanpassung | 4.180 € | 4.180 € | 4.180 € | 4.180 € | 4.180 € |
Kurzzeitpflege jährlich | keine Leistung | 1.854 € | 1.854 € | 1.854 € | 1.854 € |
Verhinderungspflege jährlich | Keine Leistung | 1.685 € | 1.685 € | 1.685 € | 1.685 € |
Tagespflege monatlich | Keine Leistung | 721 € | 1.357 € | 1.685 € | 2.085 € |
Pflegehilfsmittel Verbrauch monatlich | 42 € | 42 € | 42 € | 42 € | 42 € |
DiPA Digitale Pflegeanwendungen monatlich | 53 € | 53 € | 53 € | 53 € | 53 € |
Wohngruppenzuschlag monatlich | 224 € | 224 € | 224 € | 224 € | 224 € |
Pflegeberatung | ja | ja | ja | ja | ja |
Beratungseinsatz zu Hause | ½ jährlich freiwillig | ½ jährlich verpflichtend | ½ jährlich verpflichtend | ¼ jährlich verpflichtend | ¼ jährlich verpflichtend |
Pflegekurse für Pflegende | ja | ja | ja | ja | ja |
Stationär (Pflegeheim), monatlich | 131 € | 805 € | 1.319 € | 1.855 € | 2.096 € |
Hausnotrufsystem
Weiterhin wird ein Grundpaket für den Hausnotruf von der Pflegekasse unter bestimmten Voraussetzungen bezahlt.
Wie wird der Pflegegrad bewertet?
Die Kriterien werden von den Begutachtenden in einem Punktesystem eingeordnet. Die festgestellten Punkte in einem Modul werden in gewichtete Punkte umgerechnet. Die Gesamtzahl der gewichteten Punkte ergibt die Höhe des Pflegegrades.
Gewichtete Punkte | Anerkannter Pflegegrad |
---|---|
0 bis 12,4 Punkte | Kein Pflegegrad |
12,5 bis 26,9 Punkte | Pflegegrad 1 |
27 bis 47,4 Punkte | Pflegegrad 2 |
47,5 bis 69,9 Punkte | Pflegegrad 3 |
70 bis 89,9 Punkte | Pflegegrad 4 |
90 bis 100 Punkte | Pflegegrad 5 |
Über das Ergebnis der Begutachtung informiert der Medizinische Dienst die Pflegekasse. Diese schickt anschließend dem Antragsstellenden eine Zu- oder Absage. Gegen den Entscheid kann innerhalb eines Monats Widerspruch eingelegt werden.
Mittels des zugesandten Gutachtens kann geprüft werden, ob die Situation vollständig und richtig eingeschätzt wurde.
Beratungseinsatz zu Hause
Beratungseinsätze sind für Pflegegeldempfangende verpflichtend und sind gegenüber den Pflegekassen bei Pflegegrad 2 und 3 halbjährlich und bei Pflegegrad 4 und 5
vierteljährlich nachzuweisen. Dies übernehmen unter anderem Pflegedienste. Die Beratung soll die Pflegequalität sichern sowie eine Hilfestellung und praktische Unterstützung bieten. Die Kosten werden von der Pflegekasse übernommen. Wird die Beratung nicht abgerufen, kann jedoch das Pflegegeld gekürzt oder, im Wiederholungsfall, ganz entzogen werden. Wenn Sie Adressen von den Pflegediensten benötigen, wenden Sie sich gern an einen Pflegestützpunkt.
Leistungen bei häuslicher Pflege
Die Pflegebedürftigen entscheiden grundsätzlich selbst, wer ihnen helfen soll. Wenn ausschließlich Freunde und Familie helfen, sollte die Geldleistung in Anspruch genommen werden. Die Pflegekasse überweist dann entsprechend dem festgestellten Pflegegrad monatlich ein Pflegegeld. Wird ein Pflegedienst beauftragt, kann er in Höhe des entsprechenden Sachleistungsbetrages mit der Pflegekasse abrechnen. Natürlich haben die Pflegebedürftigen auch die Möglichkeit, Hilfe von Familienangehörigen, Freunden, Nachbarn (Geldleistung) und Pflegediensten (Sachleistung) gemeinsam in Anspruch zu nehmen (Kombinationsleistung).
Umwandlung von Leistungen
Es ist möglich, 40% der ambulanten Sachleistung in für die nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag umzuwandeln. Hier können dann statt der Grundpflege Betreuungsleistungen und hauswirtschaftliche Hilfen in Anspruch genommen werden.